Suchtprävention: So schützen Unternehmen ihre Belegschaft

Ein wichtiger Bestandteil der Suchtprävention in Unternehmen ist die Förderung eines gesunden Betriebsklimas. Hierzu gehört nicht nur die Schaffung von Raum für offene Gespräche, sondern auch die gezielte Stärkung des Teamgeistes und des sozialen Zusammenhalts. Teambuilding-Maßnahmen und gemeinsame Aktivitäten können dazu beitragen, die soziale Bindung unter den Mitarbeitern zu festigen und ein unterstützendes Umfeld zu kreieren. Im Rahmen solcher Maßnahmen sind Themen der Prävention eine gute Möglichkeit, um Bewusstsein zu schaffen.
Vor allem Suchterkrankungen am Arbeitsplatz (Alkohol, Drogen, Nikotin, Cannabis, Medikamente, Arbeitssucht, übermäßiger Konsum digitaler Medien) nehmen in der heutigen Zeit stetig zu und sollte im Rahmen einer Gesundheitsförderung im Unternehmen nicht außer Acht gelassen werden.
Arbeitsplatzsüchte: die Top-Süchte am Arbeitsplatz
Die weit verbreiteten süchtigen Verhaltensweisen am Arbeitsplatz sind der übermäßige Alkoholkonsum und die Abhängigkeit von Nikotin. Es zeigt sich, dass 80% der berufstätigen Menschen Alkohol trinken und etwa 10% von ihnen dies sogar während ihrer Arbeitszeit tun (DAK-Gesundheitsreport, 2019). 16% der Männer und 11% der Frauen weisen dabei einen regelmäßigen und riskanten Konsum auf (wöchentlich mehr als 10g Reinalkohol/ Tag für Frauen und mehr als 20g/ Tag für Männer; Quelle: Alkoholatlas 2022). Darüber hinaus rauchen 22% der Arbeitnehmer, wobei rund die Hälfte davon auch am Arbeitsplatz raucht. Laut dem Deutschen Krebsforschungszentrum (dkfz) ist das Rauchen “für etwa 127.000 Todesfälle pro Jahr verantwortlich”.
Im betrieblichen Umfeld haben bestimmte Verhaltenssüchte eine hohe Bedeutung. Beispiele hierfür sind die Sucht nach Arbeit und der exzessive Gebrauch digitaler Medien. Die Arbeitssucht oder Workaholismus ist gekennzeichnet durch zwanghaftes Arbeiten mit einem stark ausgeprägten Perfektionismus sowie dem Einsatz freier Tage für berufliche Tätigkeiten. Bei einer Sucht nach digitalem Medienkonsum spielt oft die Angst vor dem Versäumen wichtiger Dinge (“Fear of Missing Out”, FOMO) eine entscheidende Rolle, was zu einem intensiven Drang führen kann, immer auf dem neuesten Stand bleiben zu wollen.
Erkennen und verhindern: Wann wird Konsum zur Sucht?
Die Weltgesundheitsorganisation WHO beschreibt Sucht als ein Verlangen nach einem spezifischen Zustand von Gefühlen, Erfahrungen und Bewusstsein, das nicht mehr kontrolliert werden kann.
Um eine Abhängigkeit zu diagnostizieren, werden einige Kriterien verwendet. Dazu gehören wiederholter Konsum trotz des Wissens um die schädlichen Folgen, fortgesetzter Konsum, Toleranzentwicklung gegenüber der Substanz oder dem Verhalten, Entzugssymptome und Einschränkung wichtiger Aktivitäten.
Im betrieblichen Kontext gibt es jedoch auch Warnsignale auf die man achten kann: Eine allgemeine Verringerung der Leistungsfähigkeit sowie Schwankungen in der Leistungsfähigkeit selbst, erhöhte Fehlzeiten am Arbeitsplatz Gedächtnislücken Versäumnisse Nichteinhaltung von Terminen Verspätungen Müdigkeit Unaufmerksamkeit Stimmungsschwankungen Gleichgültigkeit übertriebene Risikobereitschaft verändertes äußeres Erscheinungsbild. Oft gehen auch Verhaltenssüchte mit Depressionen und Angststörungen oder Substanzabhängigkeiten einher.
Suchtgefahren im Unternehmen: Die häufigsten Auslöser für Abhängigkeiten
Eine Vielzahl von Faktoren sowohl im professionellen als auch persönlichen Bereich können die Ursache für die Entstehung einer Suchterkrankung sein. Am Arbeitsplatz können beispielsweise übermäßige oder unzureichende Anforderungen, Konflikte im Team, mangelnde Anerkennung und Wertschätzung, Mobbing sowie Störungen und soziale Isolation bei der Arbeit zu dieser Entwicklung führen. Im privaten Umfeld wiederum können Themen wie Beziehungsprobleme, Erziehungsaufgaben, Pflege von Familienmitgliedern, das fehlende Trennen des Privatlebens vom Beruf und finanzielle Sorgen dazu beitragen, dass sich eine Abhängigkeit entwickelt und dies wiederum Auswirkungen auf den Arbeitsplatz haben kann.
a. Arbeitssucht
Zwanghaftes Arbeiten kann sich durch einen ausgeprägten Perfektionismus, ein intensives Bedürfnis nach Kontrolle und Ängste vor dem Versagen bemerkbar machen. Auch an freien Tagen ist man aktiv, hat Schwierigkeiten Grenzen zu setzen und vernachlässigt dabei Familie und Freunde, was zu Spannungen führen kann. Solche Verhaltensmuster können durch akute traumatische Erlebnisse wie Scheidungen oder den Verlust geliebter Menschen ausgelöst werden, während man versucht, negative Emotionen durch berufliche Erfolge zu kompensieren.
Der externe Druck auf die Leistung, der aus Erziehung und gesellschaftlichen Erwartungen resultiert, verstärkt diese Neigungen zusätzlich. Ähnlich wie bei Abhängigkeiten von Substanzen treten hier ebenfalls Faktoren wie ein starkes Verlangen nach dem Arbeitsreiz, eine Toleranzentwicklung, Kontrollverlust sowie Rückzug und Verleugnung auf.
Symptome und Folgen einer Arbeitssucht
Arbeitssucht kann zunächst als etwas Positives wahrgenommen werden, da sie oft mit hoher Motivation und starkem Engagement einhergeht. Doch dieser Schein trügt: Die betroffenen Personen denken ständig an ihre Arbeit, was zu übermäßigen Überstunden führt. Ihr Selbstwertgefühl wird zunehmend durch berufliche Erfolge definiert, sodass sie nur dann Wohlbefinden empfinden, wenn sie sich im Arbeitsprozess befinden. Diese obsessive Fokussierung auf den Job hat gravierende Folgen; andere Lebensbereiche werden vernachlässigt, wodurch ein Ungleichgewicht entsteht, das langfristig sowohl die psychische als auch die physische Gesundheit gefährdet. Es ist entscheidend zu erkennen, dass wahres Glück und Befriedigung nicht allein in der Arbeit liegen sollte
Tipps gegen Arbeitssucht
Um der Arbeitssucht effektiv entgegenzuwirken, ist es entscheidend, eine ausgewogene Work-Life-Balance zu beachten. Dies bedeutet, dass man Arbeitszeitregelungen einhalten sollte, um Überstunden und ständige Erreichbarkeit zu vermeiden. Ein gutes Verhältnis zu den Arbeitskollegen kann ebenfalls helfen, Stress abzubauen und die Zusammenarbeit angenehmer zu gestalten. Zudem ist regelmäßige Bewegung und Sport unerlässlich; sie fördern nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch das allgemeine Wohlbefinden. Um sich von der digitalen Welt abzugrenzen, sollte man den Smartphone-Konsum eindämmen; weniger Zeit am Bildschirm schafft Raum für andere Aktivitäten. Schließlich können Entspannungstechniken wie Meditation oder Atemübungen erlernt und angewendet werden, um innere Ruhe zu finden und dem Alltag gelassener entgegenzutreten. Indem Sie diese Tipps in Ihren Lebensstil integrieren, schaffen Sie eine gesunde Distanz zur Arbeit und fördern Ihr persönliches Glück nachhaltig.
b. Medienbezogene Störung
Die Sucht nach digitalen Medien, auch bekannt unter Begriffen wie Onlinesucht, Internetsucht oder Videospielsucht, ist ein zunehmend drängendes Problem in unserer Gesellschaft. Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche, die durch den Zugang zu einer Vielzahl von Plattformen und Inhalten gefährdet sind. Doch mit der wachsenden Verbreitung sozialer Netzwerke rückt dieses Thema auch immer mehr in das Blickfeld der Erwachsenenwelt. Untersuchungen zeigen, dass Betroffene oft bis zu zehn Stunden am Tag mit digitalen Medien verbringen – sei es beim Scrollen durch soziale Netzwerke, beim Online-Shopping, beim Konsum von pornografischen Inhalten oder beim Spielen von Computerspielen. MRT-Studien haben zudem aufgezeigt, dass das Drücken auf „Gefällt mir“ im Internet Dopamin im Gehirn ausschüttet und somit unser Belohnungszentrum stimuliert. Diese Mechanismen verdeutlichen eindringlich die Anziehungskraft digitaler Medien und machen deutlich, wie wichtig es ist, sich mit dem Phänomen der Mediensucht auseinanderzusetzen.
Anhaltspunkte für eine Diagnose
Eine auffällige Bildschirmzeit, die den Rahmen des Gesunden sprengt, ist häufig das erste Signal. Betroffene zeigen oft Entzugserscheinungen, wenn ihnen der Zugang zu ihren gewohnten digitalen Inhalten verwehrt bleibt. Dabei täuschen sie auch andere über das tatsächliche Ausmaß ihrer Nutzung hinweg und verlieren zunehmend das Interesse an traditionellen Hobbys oder Aktivitäten. Diese Abhängigkeit kann erhebliche Konsequenzen haben: Beziehungen drohen gefährdet zu werden, berufliche Möglichkeiten gehen verloren und die eigene Arbeitsstelle wird in Frage gestellt.
Besonders anfällig sind jüngere Menschen sowie solche, die alleinstehend sind und nur wenige soziale Kontakte pflegen. Ein geringes Selbstwertgefühl trägt ebenfalls zur Risikobewertung bei; Misserfolge oder fehlende Erfolgserlebnisse können den Drang zur Flucht in digitale Welten verstärken. Auch traumatische Erlebnisse wie Trennungen oder Todesfälle sowie Arbeitslosigkeit stellen zusätzliche Risikofaktoren dar. Häufig treten komorbide Erkrankungen auf, die diese Problematik noch verschärfen können. Es ist entscheidend, diese Faktoren zu erkennen und präventiv entgegenzuwirken, um eine gesunde Balance zwischen digitalem Konsum und echtem Leben wiederherzustellen.
Folgen von exzessivem Konsum von digitalen Medien
Der exzessive Konsum digitaler Medien kann weitreichende negative Folgen für unser Leben haben, die sich auf verschiedene Bereiche auswirken. Zunächst einmal zeigen viele Menschen Leistungsbeeinträchtigungen, da unkonzentriertes Arbeiten zur Norm geworden ist und das Engagement für Arbeitsinhalte sowie das kollegiale Miteinander zunehmend schwindet. Diese Entwicklung führt nicht selten zu Stimmungsschwankungen und einem Gefühl der Unruhe und Gereiztheit. Langfristig können sich diese Symptome verstärken und in dauerhaften Stress, Erschöpfung oder sogar Burnout münden. Die sozialen Aspekte unseres Lebens bleiben dabei oft auf der Strecke; sozialer Rückzug und Isolation sind häufige Begleiter dieser digitalen Abhängigkeit. Zudem verringert sich die Auseinandersetzung mit Hobbys und Freizeitaktivitäten erheblich, was zusätzlich zur verminderte Lebenszufriedenheit beiträgt. Schlafprobleme treten immer häufiger auf, während einige Betroffene versuchen, den Druck durch Substanzkonsum zu mildern. All diese Faktoren verdeutlichen eindringlich, wie gravierend die Auswirkungen eines übermäßigen Medienkonsums sein können – sowohl auf individueller als auch auf sozialer Ebene.
Die Folgen von Suchtverhalten für Mitarbeiter und Unternehmen
Neben den vielen gesundheitlichen Schäden, die mit Suchtproblemen einhergehen können, gibt es auch eine Vielzahl von Auswirkungen im Arbeitsumfeld. Dazu zählen erhöhte Abwesenheiten aufgrund von Gesundheitsbeschränkungen, vermehrte Konflikte im Team und verringerte Fähigkeit zur Konzentration und Leistungsfähigkeit. Vor allem steigt die Wahrscheinlichkeit für Fehler deutlich an und damit verbunden auch das Risiko für Arbeitsunfälle.
Ist der Konsum von suchtfördernden Mitteln am Arbeitsplatz gesetzlich normiert?
In Deutschland gibt es keine allgemeine gesetzliche Normierung für den Konsum von suchtfördernden Substanzen am Arbeitsplatz. Nur einige wenige Berufsgruppen bilden hierbei die Ausnahme, wie zum Beispiel Berufe im Personenbeförderungsverkehr. Jedes Unternehmen kann somit frei entscheiden, ob es interne Regelungen für den Konsum während der Arbeitszeit sowie in Pausenzeiten aufstellt.
Sucht bekämpfen im Berufsalltag: Präventionsstrategien für Unternehmen
Die Verhältnisprävention im Betrieb spielt eine entscheidende Rolle, um Suchtproblematiken frühzeitig zu erkennen und entsprechend entgegenzuwirken. Zunächst ist es wichtig, Informationen bereitzustellen und Aufklärung über mögliche Suchtgefährdungen zu leisten, um das Bewusstsein der Mitarbeiter für dieses Thema zu schärfen. In diesem Zusammenhang sollten betriebliche Verbote zur Nutzung privater Medien eingeführt werden, um potenzielle Risiken zu minimieren. Zudem ist die Sensibilität für Frühsignale von Suchtverhalten unerlässlich; daher empfiehlt sich die Ausbildung betrieblicher Suchtberater, die als Ansprechpartner fungieren können.
Um den Beschäftigten Unterstützung anzubieten, sollten entlastende Gespräche geführt werden sowie umfassende Unterstützungsangebote bereitgestellt werden. Eine psychische Gefährdungsbeurteilung hilft dabei, individuelle Risikofaktoren zu identifizieren und gezielt darauf einzugehen. Vereinbarungen mit Betroffenen sind notwendig, um klare Konsequenzen aufzuzeigen und das Verständnis für notwendige Maßnahmen zu fördern.
Im Falle einer akuten Gefährdung der Sicherheit ist es unabdingbar, dass Beschäftigte vorübergehend vom Arbeitsplatz entfernt werden – stets unter dem Aspekt des Schutzes aller Beteiligten. Abschließend sollte auch an eine geregelte Wiedereingliederung gedacht werden, damit betroffene Mitarbeiter wieder sicher in ihren Arbeitsalltag zurückkehren können. Durch diese ganzheitlichen Ansätze schafft der Betrieb nicht nur ein gesundes Arbeitsumfeld sondern zeigt auch soziale Verantwortung gegenüber seinen Mitarbeitern.
So finden Betroffene die richtige Unterstützung: Unsere Empfehlungen
Zunächst einmal ist es wichtig, die Angst vor dem Thema zu überwinden und ein Gespräch mit der betroffenen Person zu führen. Es sollten Absprachen getroffen und die Konsequenzen bei Nichteinhaltung deutlich gemacht werden. Darüber hinaus kann es hilfreich sein, auch externe Hilfsangebote wie beispielsweise Adressen von Beratungsstellen anzubieten, um eine solide Grundlage für die weitere Behandlung des Betroffenen zu schaffen.
Broschüren von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Info-Telefone und Webseiten der BZgA zu den spezifischen Süchten helfen bei der Aufklärung.
Hilfreich ist auch das Suchthilfeverzeichnis der DHS oder diverse Angebote der Krankenkassen, Selbsthilfegruppen und Suchtberatungsstellen (z.B. Verhaltenssüchte Berlin)
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Arbeitsschutz und psychische Gesundheit am Arbeitsplatz
Arbeitsschutz hat nicht nur mit der körperlichen Gesundheit am Arbeitsplatz zu tun, sondern auch mit der psychischen Gesundheit. Psychische Erkrankungen wie Burnout, Depressionen und Angststörungen können durch Stress am Arbeitsplatz entstehen. Daher ist es wichtig, Arbeitsschutzmaßnahmen zu ergreifen, um die psychische Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen. Erfahren Sie mehr!